E-Zigaretten: Chemikalien-Dampf mit ungeklärten Langzeitfolgen (005)
Shownotes
E-Zigaretten oder „Vapes“ kommen meist harmlos daher: Sie sind bunt, es gibt sie in Geschmacksrichtungen wie Erdbeer, Cola oder Zuckerwatte, und sie kosten oft nur ein paar Euro. Doch sie produzieren einen Dampf, der krebserregende Stoffe enthält. Das Nikotin in den E-Zigaretten macht süchtig, und es kann bei Kindern und Jugendlichen die Entwicklung des Gehirns behindern. Bei vielen Inhaltsstoffen ist außerdem noch völlig unklar, wie sie langfristig auf den Körper wirken, wenn sie inhaliert werden.
Gast: Dr. Elke Pieper, BfR-Abteilung „Chemikalien- und Produktsicherheit“
Moderation: Sonja Schäche und Stefan Römermann
Weitere Informationen auf der BfR-Website zu E-Zigaretten
E-Zigaretten - alles andere als harmlos (FAQ)
Stellungnahme Nr. 043/2021: Gesundheitliche Risiken durch Aromen in E-Zigaretten
„Rauchfrei“-Ausstiegsprogramm der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Telefon-Hotline: 0800 8 31 31 31
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00:00:00: Sonja Schäche: Es gibt sie in vielen Supermärkten, im Kiosk um die Ecke und natürlich in vielen Spezialgeschäften. Die Verpackungen sind oft knallig bunt, meist auch verziert mit farbigen Bildern oder Comicfiguren. Und es gibt sie in praktisch allen Geschmacksrichtungen, Cola, Orange, Zitrone, Himbeere bis hin zu exotischen Varianten, wie Drachenfrucht, Zuckerwatte und Kokosnuss.
00:00:34: Stefan Römermann: Tja, im ersten Moment klingt es jetzt vielleicht als ob wir hier über Kaugummi reden würden oder vielleicht auch über Limonade, aber wenn Sie diese Podcast-Folge ganz bewusst ausgesucht und gestartet haben, dann wissen Sie es vielleicht schon. Es geht heute hier um E-Zigaretten oder auch um "Vapes", wie Sie oft genannt werden.
00:00:52: Schäche: Und offiziell dürfen diese E-Zigaretten nicht an Kinder und Jugendliche verkauft werden. Der Verkauf ist erst ab 18 Jahren erlaubt.
00:01:00: Römermann: Tja, und trotzdem ist in den vergangenen Jahren gerade bei Jugendlichen der Konsum stark angestiegen. Das zeigen unter anderem die Ergebnisse der DEBRA-Studie zum Rauchverhalten in Deutschland, die vom Bundesgesundheitsministerium gefördert wird.
00:01:16: Schäche: Aber wie funktionieren E-Zigaretten eigentlich genau? Was steckt drin in den sogenannten "Liquids", also den Flüssigkeiten, die in den E-Zigaretten verdampft werden? Was passiert im Körper, wenn wir E-Zigaretten konsumieren und vor allem: Sind E-Zigaretten tatsächlich so harmlos und spaßig, wie viele Verpackungen suggerieren?
00:01:37: Römermann: Genau darum soll es heute bei uns gehen und damit hallo und herzlich willkommen zu Risiko dem Wissenschaftspodcast vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Mein Name ist Stefan Römermann.
00:01:47: Schäche: Und mein Name ist Sonja Schäche. Wir beide arbeiten als Journalisten in der Pressestelle vom BfR. Wer das BfR bisher noch nicht kennt, ganz kurz, das BfR ist ein unabhängiges Forschungsinstitut, das unter anderem die Bundesregierung bei Themen wie Lebensmittelsicherheit oder der Sicherheit von Chemikalien und Produkten berät.
00:02:08: Römermann: Tja, und eines der Produkte, das bei uns am BfR untersucht und erforscht wird, das ist die E-Zigarette. Und genau damit beschäftigt sich schon seit vielen Jahren intensiv unser heutiger Gast, Frau Dr. Elke Pieper. Elke Pieper ist Chemikerin und sie arbeitet bei uns in der Abteilung für Chemikalien- und Produktsicherheit am BfR. Liebe Frau Pieper, hallo und herzlich willkommen bei Risiko.
00:02:30: Elke Pieper: Hallo Frau Schäche und hallo Herr Römermann.
00:02:33: Schäche: Frau Pieper, ohne jetzt zu weit auszuholen, was sind das für Fragen, die das BfR im Zusammenhang mit E-Zigaretten erforscht? Und mit was beschäftigen Sie sich selbst in diesem Zusammenhang intensiver?
00:02:46: Pieper: Ja, wir schauen uns vor allem neue Produkte an, die auf den Markt gekommen sind. Ja, in letzter Zeit auch Einweg E-Zigaretten. Wir schauen uns an, was ist da drin in den Liquids? Wir haben eine Abrauch-Maschine. Mit der Abrauch-Maschine können wir auch diesen Dampf erzeugen und uns anschauen, was ist in dem Dampf. Und wir schauen uns auch an, wie die Inhaltsstoffe der E-Zigaretten auf Zellen wirken. Eine ganz andere wichtige Forschung ist auch das Abhängigkeitspotenzial. Wie stark machen diese Produkte abhängig? Da haben wir eine Kooperation mit der Tabakambulanz der LMU in München. Außerdem können wir auch analytisch gucken: Was ist alles in den Liquids drin? Wie hoch ist der Nikotingehalt?
00:03:26: Römermann: Bevor sich jetzt gleich alles rund um die E-Zigarette dreht, wollen wir Frau Pieper noch was ganz anderes fragen. Unser Podcast heißt ja Risiko. Und wir fragen deshalb alle unsere Gäste im Podcast, wie sich so ganz persönlich im Leben mit dem Risiko halten. Frau Pieper, was sind Sie für ein Risikotyp? Sind Sie eher so der Draufgänger oder vielleicht doch eher immer vorsichtig und abwägend?
00:03:49: Pieper: Uiuiui.... (lacht) Wahrscheinlich eher vorsichtig und abwägend. Das klingt irgendwie langweilig. Das will eigentlich keiner sein... Also ich denke, kleine und große Risiken gehe ich auch ein. Aber ich überlege mir das schon ein bisschen genauer, bevor ich so ein Risiko eingehe. Die Pubertät ist ja eigentlich die Zeit, wo man am risikofreudigsten ist.
00:04:09: Römermann: Was haben Sie da Schlimmes gemacht?
00:04:10: Pieper: Also ich habe nicht angefangen zu rauchen, was wahrscheinlich daran liegt, dass meine Freunde nicht geraucht haben. In meiner Familie hat keiner geraucht. Aber ich muss sagen, wenn ich da zurückdenke, kann ich mich auch an gar keine gefährliche Situation erinnern. Aber das liegt sicherlich daran, weil man nicht so genau Bescheid wusste. Und deswegen finde ich das hier ganz wichtig, dass wir über E-Zigaretten informieren.
00:04:28: Römermann: Damit die Leute selber eine bewusste Entscheidung treffen können.
00:04:31: Schäche: Vielleicht zum Start erst mal kurz zum Begriff. E-Zigarette steht kurz für elektronische Zigarette. Und manche Hersteller und viele Nutzer mögen dem Begriff E-Zigarette nicht so richtig. Sie nennen die Geräte dann lieber "Vapes". Das kann man mit "Verdampfer" übersetzen. Und sie sprechen dann statt vom "Rauchen" oder "Qualm" lieber vom "Vapen" oder "Dampfen", was ja viel harmloser klingt.
00:05:03: Römermann: Ja und damit sind wir, glaube ich, auch schon direkt bei der eigentlichen Funktionsweise von E-Zigaretten. Frau Piper, ist das tatsächlich so, dass die eher dampfen als qualmen oder rauchen? Kann man das so sagen?
00:05:16: Pieper: Ja, also da ist es kein Verbrennen wie in der herkömmlichen Tabak-Zigarette. In der E-Zigarette wird ein Liquid erhitzt, um verdampft zu werden.
00:05:24: Römermann: Die Liquids, wir haben es eben schon mal ganz kurz gesagt, die Liquids sind diese Flüssigkeiten. Und was sind so die zwei, drei wichtigsten Bauteile, die man kennen sollte, wenn wir jetzt hier im Podcast über E-Zigaretten reden?
00:05:33: Pieper: Also es ist erstmal Batterie betrieben. Viele Geräte kann man auch wieder aufladen. Es enthält ein Tank. In diesem Tank gibt es ein Heizelement. Dort wird ein Docht von dem Liquid hingeführt, um das Liquid eben aufzuheizen. Und das wird dann dort verdampft. Und über ein Mundstück kann man dann diesen Dampf einatmen.
00:05:50: Römermann: Wie lange kann man sagen, wie lange gibt es diese E-Zigaretten schon am Markt?
00:05:54: Pieper: In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es die ersten Studien, dass Zigarettenrauchen sehr schädlich ist, Lungenkrebs erzeugen kann. Und da hat sich das Bewusstsein langsam geändert. Und es gab immer die Bestrebung, gesündere Produkte auf den Markt zu bringen, die eben nicht so schädlich sind, aber trotzdem das Nikotin beizubehalten. Richtig erfolgreich waren diese Produkte dann erst mit der Einführung der jetzigen E-Zigarette. Anfang des 21. Jahrhunderts. Die E-Zigarette wurde in China patentiert und entwickelt. Sie enthält kein Tabak, sondern flüssiges Nikotin. Und das Nikotin ist eben gelöst in Propyleneglykol, auch bekannt als "Disco-Nebel". Und das ist das Prinzip, wie auch heute noch die E-Zigaretten funktionieren. Und seit circa 2007 wurden die auch weltweit vertrieben und kamen dann auch nach Deutschland.
00:06:40: Schäche: Es gibt ja sehr viele unterschiedliche Modelle, die sich teilweise erheblich voneinander unterscheiden. Können Sie vielleicht die wichtigsten Grundtypen von E-Zigaretten nennen?
00:06:50: Pieper: Ja, also die E-Zigarette entwickelt sich immer weiter. So eine normale E-Zigarette, da kann man das Liquid nachfüllen. Man kann Nachfüll-Flüssigkeiten kaufen, man kann dort Temperatur und die Leistung einstellen. Dann gibt es E-Zigaretten, wo man Pod-Systeme verwendet. Also man hat diesen kleinen Tank, den tauscht man einfach aus. Und den Halter dort, wo der Akku drin ist, das behält man. Und seit zwei, drei Jahren gibt es auch so ein...
00:07:14: Römermann: Also: Der Pod ist quasi eine Art Kapsel oder irgendwie sowas?
00:07:18: Pieper: Genau, das ist einfach das obere Mundstück. Es enthält das Liquid und das Mundstück und das tauscht man einfach aus. Da ist auch die Heizspirale drin enthalten. Und seit zwei, drei Jahren gibt es eben die Einweg-E-Zigaretten auf dem Markt, die auch nochmal das ganze Feld sehr verändert haben.
00:07:33: Römermann: Einweg-E-Zigaretten - da ist alles in einem Gerät. Und wenn man durch ist, schmeißt man es weg.
00:07:38: Pieper: ... schmeißt man es einfach weg. Man sollte das natürlich ordentlich entsorgen im Elektromüll. Aber diese Produkte sind besonders attraktiv bei Jugendlichen. Und die meisten Jugendlichen schmeißen die natürlich einfach an den Hausmüll. Und das ist sehr bedenklich.
00:07:52: Schäche: Also auch einen Umweltproblem?
00:07:53: Pieper: Genau, also da ist halt auch ein Lithium-Ionen-Akku drin. Weil man braucht schon einen Akku, weil die auch sehr leistungsstark sind. Und es wird einfach weggeworfen. Also das ist ein großes Umweltproblem.
00:08:01: Schäche: Und die sind wahrscheinlich auch günstiger, als sich so ein Gerät anzuschaffen, so ein richtiges E-Zigarettengerät mit Kapsel und Pod.
00:08:07: Pieper: Langfristig wären die anderen günstiger. Aber wenn man jetzt einmalig damit anfängt, sind die Einweg-E-Zigaretten günstiger und natürlich auch nicht so kompliziert. Also man muss sich dann nicht informieren: Wie fülle ich das nach? Wo kriege ich Nachfüll-Flüssigkeit her? Sondern die sind wirklich sehr einfach in der Anwendung.
00:08:23: Römermann: Wie viel zahlt man da in der Regel dafür? Und was macht die so attraktiv, gerade ich sage mal für Kinder und Jugendliche?
00:08:29: Pieper: Also im Schnitt 6 bis 8 Euro, dann bekommt man eine Einweg-E-Zigarette. Ja, was macht die so attraktiv? Also die ganze Aufmachung: Kommt in knalligen Farben. Es riecht superlecker. Fruchtaromen sind sehr beliebt. Erdbeer-Kiwi zum Beispiel, aber auch Aromen, die so ein Kälte-Gefühl hervorrufen. Und manche leuchten auch. Und da spricht natürlich sogar Kinder an.
00:08:54: Römermann: Die diese Dinge eigentlich nicht kaufen dürfen, weil es gibt sie erst ab 18 Jahre her.
00:08:58: Pieper: Genau, also es ist auch ein Verbot, diese Produkte an Kinder und Jugendliche unter 18 zu verkaufen.
00:09:04: Schäche: Und wie lange hält so eine Einweg-E-Zigarette? Das kommt natürlich auf den individuellen Konsum an. Wenn ich auf Jugendliche treffe, frage ich natürlich auch immer. Also meist so ein oder zwei Tage. Wenn man sich die Freitag kauft, kann die schon bis Sonntag halten. Aber das kommt wirklich so ein bisschen auf den individuellen Konsum an. Wie tief zieht man, wie oft benutzt man die? Manche Jugendliche benutzen auch zwei, drei von diesen Einweg-E-Zigaretten am Wochenende.
00:09:27: Schäche: Und ich habe auch mal von so Tabak-Erhitzen gehört, Hybrid-Zigaretten werden die auch genannt. Das ist ja noch mal was anderes als E-Zigaretten, aber auch eine Alternative zu Zigaretten. Also so wird es angeboten auf dem Markt.
00:09:38: Pieper: Ja, hier wird der Tabak erhitzt. Man kauft auch ein Gerät, das ist Batterie betrieben und in dieses Gerät steckt man so ein Tabak-Stick. Ähnlich der Zigarette, aber der ist speziell hergestellt, dass der nur in diesem Gerät funktioniert. Hier wird der Tabak erhitzt. Auch hier sind Vernebelungsmittel mit enthalten, um eben diesen Dampf zu erzeugen. Ja, die werden beworben, dass sie weniger Schadstoffe im Dampf / Rauch enthalten. Aber auch das kann man nicht ganz so pauschal sagen, da es immer auch auf das Produkt ankommt. Also es gibt ja auch viele verschiedene Produkte auf dem Markt.
00:10:11: Römermann: Also es ist jetzt nicht unbedingt etwas Gesundes, was man da einatmet.
00:10:15: Pieper: Auf jeden Fall nicht.
00:10:16: Römermann: Das kann man, glaube ich, so sagen. Ob es gesünder oder weniger schädlich ist, das steht dann vielleicht nochmal auf dem anderen Blatt.
00:10:23: Schäche: Ja, insgesamt gibt es da Unterschiede in den Funktionen, zum Beispiel auch bei der Temperatur bei den Modellen?
00:10:29: Pieper: Bei der Einweg-E-Zigarette, das ist ein positiver Aspekt, kann man da keine Temperatur- und Leistung einstellen. Aber bei den E-Zigaretten, die man nachfüllen kann, dort gibt es die Möglichkeit, Leistung und Temperatur einzustellen. Und es ist auch bekannt, wenn man eben hohe Temperaturen und hohe Leistungen wählt, dass dann auch mehr gesundheitsschädliche und auch krebserregende Substanzen im Dampf nachgewiesen werden können.
00:10:51: Römermann: Ich hätte jetzt gedacht, das ist eher ein Qualitätskriterium, wenn man da die Temperatur einstellen kann. Das ist für Sie einen Grund zu sagen, das lieber nicht zu ändern?
00:10:58: Pieper: Ja, also ich würde da nicht auf die Maximalstellung gehen. Die Konsumenten benutzen das wahrscheinlich auch, um mehr oder weniger Dampf zu erzeugen, je nachdem, für welches Aroma das eingesetzt wird.
00:11:09: Römermann: Das Wort Liquid ist ja jetzt schon ein paar Mal gefallen. Das ist also die Flüssigkeit, die in der E-Zigarette verdampft wird. Was steckt in diesen Liquids typischerweise drin? Sie haben schon gesagt, eines ist dieses Verdampfungsmittel. Was ist da ansonsten noch drin?
00:11:23: Pieper: Genau, dieses Verdampfungsmittel ist so die Basis, Propylenglykol und Glycerin. Dann ist oft natürlich Nikotin enthalten und es sind immer verschiedene Substanzen, 20 bis 50 Substanzen, die diesen Geschmack, dieses Aroma erzeugen. Also es sind verschiedene einzelne Aromasubstanzen oder auch Zusatzstoffe für die Haltbarkeit dort enthalten. Also man kann im Durchschnitt sagen, 20 bis 50 Substanzen sind in so einem Liquid enthalten.
00:11:45: Römermann: Wow, das ist ja tatsächlich ein ordentlicher Cocktail.
00:11:48: Römermann: An dieser Stelle nochmal ganz kurz in eigener Sache. Medien und soziale Netzwerke, die warnen uns ja tatsächlich praktisch täglich vor schlimmen Gesundheitsgefahren, vor Inhaltsstoffen in Kosmetika, vor Rückständen in Lebensmitteln oder vor angeblich krebserregenden Lebensmittelzusätzen oder anderen Produkten und Chemikalien.
00:12:11: Schäche: Wenn Sie wissen wollen, was da tatsächlich dran ist, dann abonnieren Sie am besten unseren Kanal. Und empfehlen Sie uns auch gern weiter. Bei uns bekommen Sie wissenschaftlich fundierte Informationen, auf die Sie sich wirklich verlassen können.
00:12:24: Römermann: Risiko gibt es über alle gängigen Podcast-Plattformen und Podcast-Programme und über viele Streamingdienste. Aber alle Folgen finden Sie natürlich auch auf der Webseite vom BfR zum Nachhören.
00:12:36: Schäche: Dann lassen Sie uns doch mal über die gesundheitlichen Wirkung von E-Zigaretten sprechen. Wir haben es eben schon gesagt, die Hauptbestandte der Liquid sind Verneblungsmittel. Typischerweise Propylenglykol und Glycerin. Was sind das genau für Stoffe und wo werden die sonst noch verwendet?
00:12:57: Pieper: Genau, das sind eben diese Basis-Substanzen, die Trägersubstanzen. Die sind eben für diesen Dampf-Nebel verantwortlich und man kennt es eben üblicherweise vom Disko-Nebel, das Propylenglykol. Und wenn man diese Substanzen erhitzt, können gesundheitschädliche Substanzen entstehen und auch krebserregende Substanzen.
00:13:15: Schäche: Was passiert denn da genau beim Erhitzen?
00:13:17: Pieper: Also es bilden sich neue Stoffe wie zum Beispiel Formaldehyd, Acrolein, Acetaldehyd und das sind halt Stoffe, die krebserregend sind oder wahrscheinlich krebserregend sind. Aber gerade auch in Zusammenhang mit den Aromen entstehen auch neue Substanzen. Und die Substanzen sind überhaupt nicht untersucht. Es gibt keine Studien, die eben gucken: Wie wirken diese Substanzen auf Lungenzellen. Zum Beispiel entsteht auch eine Substanz, die heißt Glycidol. Die ist auch eingestuft als krebserregend, aber auch hier gibt es keine Studien, wie diese Substanz auf Lungenzellen wirkt.
00:13:47: Römermann: Für sich genommen sind da diese Substanzen auch problematisch oder sind die nur problematisch, wenn sie dann erhitzt werden?
00:13:54: Pieper: Also es gibt schon ein paar Vorgaben. Auch rechtlich. Es dürfen halt nur Substanzen verwendet werden, die nicht gesundheitlich bedenklich sind, die eben nicht krebserregend sind, die nicht mutagen sind.
00:14:04: Römermann: Mutagen?
00:14:05: Pieper: Also sie können eine Mutation im Erbgut verursachen, in der DNA zum Beispiel.
00:14:09: Römermann: Also es sind alles Stoffe, die an sich, da steht im Gesetz drin, die dürfen eigentlich keine schädlichen Eigenschaften haben, wenn sie für sich genommen sind. Aber auf der anderen Seite: Wir wissen nicht, was passiert, wenn sie erhitzt werden.
00:14:20: Pieper: Und eingeatmet werden. Genau, also das sind alles Substanzen, so wird es auch beworben, die eben in Lebensmittel eingesetzt werden, dort sicher sind und Kosmetik eingesetzt werden. Und dort sicher sind. Aber es gibt doch ein paar Beispiele, wo man gesehen hat: Das ist eben nicht gut, wenn man das einatmet. Ein Beispiel ist das Vitamin E-Acetat, das hat so einer sogenannten EVALI -Krise geführt in den USA. Dort wurden auch viele illegale Liquids verwendet und die wurden gestreckt mit Vitamin E-Acetat. Und das hat zu sehr schweren Lungenentzündungen geführt, auch zu mehreren Todesfällen. Und vor allem junge Leute waren dort betroffen. Und eine Ursache ist dieses Vitamin E-Acetat.
00:14:59: Pieper: In der EU ist das glücklicherweise verboten bei E-Zigaretten, weil es darf auch nichts zugesetzt werden, was einen gesundheitlichen Nutzen vortäuschen darf. Und deswegen gab es nicht so viele schwere Fälle, aber es gibt auch hin und wieder EVALI-Fälle, die diese schwere Lungenentzündung auslösen.
00:15:12: Römermann: EVALI ist diese Lungenentzündung, oder was?
00:15:14: Pieper: Genau, das ist so ein Oberbegriff für schwere Lungenentzündung, die durch den Konsum von E-Zigaretten ausgelöst werden. Und eine Ursache war eben dieses Vitamin E-Acetat. Das kann man essen, man kann, man findet es in Kosmetika, es ist da vollkommen harmlos, aber man sollte es eben nicht einatmen.
00:15:30: Schäche: Also bei der Verdampfung können gesundheitsschädliche Stoffe entstehen. Wie sieht es denn damit den Mengen aus?
00:15:35: Pieper: Wenn man das mit der Tabak-Zigarette vergleicht, sind die Mengen an krebserregenden Substanzen und gesundheitsschädlichen Substanzen doch deutlich geringer. Aber wir wissen nichts über die Langzeitfolgen. Und die Mengen, die man dort aufnimmt über einen langen Zeitraum, die können auch gesundheitsschädlich sein.
00:15:52: Römermann: Dann kommen wir jetzt zum Nikotin. Das steckt ja in den allermeisten Liquids drin. Nikotin kennt man. Das ist auch der wichtigste Bestandteil der Tabak-Zigaretten. Das haben wir ja eben schon mal ganz kurz gesagt. Was hat Nikotin für Wirkungen auf den Körper? Fangen wir zuerst mal mit den, ich sage mal in Anführungszeichen, den "positiven Wirkungen". Was macht das vielleicht auch attraktiv und spannend, das zu rauchen oder zu dampfen?
00:16:17: Pieper: Ja, da kann man sich auch die Werbung aus den 50ern und 60ern des letzten Jahrhunderts anschauen. Da haben auch Ärzte das empfohlen, Gegen Kopfschmerzen oder beim Autofahren, damit man nicht einschläft. Nikotin kann beides: Es kann entspannen, aber es kann auch dafür sorgen, dass man konzentrierter ist. Der Herzschlag steigt an, die Blutgefäße verengen sich und das ist eben das Attraktive an Nikotin. Und je schneller man Nikotin aufnimmt, desto schneller erreicht es das Gehirn und das löst dann auch so einen Wohlbefinden aus, auch so einen Nikotin-Kick. Und da war die Tabak-Zigarette wirklich optimiert dafür.
00:16:53: Römermann: Und auf der anderen Seite macht Nikotin tatsächlich auch süchtig. Wie stark ist denn da dieser Effekt?
00:16:58: Pieper: Also das kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Aber man weiß: Je früher man anfängt mit Nikotin, desto größer ist diese Nikotinabhängigkeit. Deswegen sollten wirklich Kinder und Jugendliche nicht mit diesen Nikotinprodukten anfangen, weil sich das auch auf die Gehirnreifung negativ auswirken kann. Die Gehirn-Entwicklung kann verringert sein, es steigert auch die Ängstlichkeit. Dann nimmt man wieder Nikotinprodukte zu sich, weil man dann eben weniger Angst hat. Also das ist auch so ein Teufelskreislauf und das kann auch die Impulsivität erhöhen. Also Nikotin hat eine ganze Menge Eigenschaften.
00:17:29: Römermann: Und reichen für diese Abhängigkeit auch tatsächlich die Mengen aus, die in E-Zigaretten stecken?
00:17:34: Pieper: Die reichen auf jeden Fall aus, das haben wir auch untersucht mit unseren Kooperationspartnern. Wir schauen uns dort an, wie schnell wird das Nikotin angeflutet im Blutplasma. Also wir nehmen dort jede Minute eine Blutprobe und dort haben wir gesehen, dass das ähnlich stark ist wie mit den Tabak-Zigaretten. Und das ist für uns ein Anzeichen dafür, dass E-Zigaretten genauso süchtig machen können wie Tabak-Zigaretten.
00:17:55: Römermann: Und Sie sagen, auf das Gehirn von Kindern und Jugendlichen wirkt das aus, das behindert irgendwie die Entwicklung, können Sie das vielleicht noch mal ein bisschen erklären?
00:18:02: Pieper: Studien zeigen, dass die Hirnreifung negativ beeinträchtigt sein kann. Auch die Gehirn-Entwicklung. Das sieht man in verringerter Lernfähigkeit, an erhöhter Ängstlichkeit und hohe Mengen an Nikotin können auch toxisch sein.
00:18:16: Römermann: Also giftig.
00:18:17: Pieper: Genau, giftig. Und gerade bei der ersten E-Zigarette, die vielleicht auch eine hohe Menge an Nikotin enthält, werden auch so was wie Übelkeit, Durchfall, Atennot, Erbrechen berichtet. Aber die Jugendlichen nehmen das natürlich in Kauf, weil die wollen gerne dazugehören und auch diese coolen Produkte ausprobieren.
00:18:32: Römermann: Die coolen Produkte, ja.
00:18:33: Schäche: Das ist ja schon so ein Gruppenzwang auch wieder hier.
00:18:36: Römermann: Es gibt ja auch nikotinfreie E-Zigaretten und Liquids. Sind die dann grundsätzlich harmlos oder besser in irgendeiner Form?
00:18:44: Pieper: Also die enthalten nicht das süchtig machende Nikotin, aber trotzdem natürlich alle anderen Substanzen, die beim Erhitzen auch gesundheitsschädliche und krebserregende Substanzen bilden können. Und das ist ja auch so ein bisschen eine Gewohnheit: Man kann sich vorstellen, man fängt vielleicht mit den Produkten ohne Nikotin an, aber dann steigt man vielleicht um oder probiert eine E-Zigarette von einem Freund aus, weil man gerade selber keine hat. Und dann wird man auch süchtig nach Nikotin.
00:19:13: Schäche: Über Nikotin und die Verneblungsmittel haben wir jetzt schon ausführlich gesprochen. Ich würde jetzt gerne nochmal zurück zu den Aromastoffen kommen. Die machen ja mengenmäßig in der Flüssigkeit vermutlich eher nicht so viel aus. Aber für den Verkaufserfolg sind sie wahrscheinlich besonders wichtig, könnte ich mir jetzt vorstellen. Es gibt ja eine große Bandbreite an Geschmacksrichtungen oder vielleicht auch Geruchsrichtungen. Wir hatten es am Anfang schon mal gesagt, Cola, Kirsche, Zuckerwatte und vieles mehr. Was sind das für Aromastoffe? Wo kommen die her?
00:19:45: Pieper: Genau, die Aromastoffe machen natürlich die Produkte besonders für Jugendliche attraktiv. Und die Aromen, die hier eingesetzt werden, das sind Aromen, die auch in Lebensmitteln vorkommen und dort unbedenklich sind. Um einen bestimmten Geschmack zu erzeugen, braucht man schon 10 bis 20 oder auch mehr verschiedene dieser einzelnen Aromasubstanzen. Und einige Aromasubstanzen stehen auch um Verdacht, diese Abhängigkeit nochmal zu erhöhen, diese Nikotinabhängigkeit.
00:20:10: Pieper: Einige Aromasubstanzen werden auch eingesetzt, um den Hustenreiz zu überdecken. Substanzen, die dann eben bei der Erhitzung entstehen, die haben manchmal auch reizende Eigenschaften und doch das kann man mit Aromasubstanzen überdecken.
00:20:23: Römermann: Das ist so ein bisschen wie bei dem Menthol, was früher auch in Zigaretten drin war. Das hatte ja auch diesen Effekt, dass man nicht so stark hustet und irgendwie den Eindruck hatte: Das ist vielleicht sogar gut fürs Atmen.
00:20:32: Pieper: Genau, also gerade diese Menthol-Zigaretten, die es früher gab, die waren halt bei Einsteigern ganz beliebt, weil die auch diesen Hustenreiz unterdrückt haben. Menthol bindet an Rezeptoren im Mund-Rachen-Bereich, sogenannte Kälte-Rezeptoren und auch Schmerzrezeptoren. Und dann fühlt man halt diesen Schmerz nicht mehr und diese Kälte überdeckt eben dieses unangenehme Gefühl.
00:20:51: Schäche: Also wie so ein Hustenbonbon, wenn ich Husten habe.
00:20:54: Pieper: Genau. Es erleichtert auch die Inhalation, man inhaliert auch tiefer und dadurch werden die Produkte auch noch gesundheitsschädlicher.
00:21:00: Römermann: Bei Zigaretten ist Menthol verboten, ist das bei E-Zigaretten erlaubt?
00:21:05: Pieper: Bei E-Zigaretten ist das erlaubt.
00:21:06: Römermann: Und manche andere von diesen Aromastoffen, sagen sie, haben ganz ähnliche Effekte.
00:21:10: Pieper: Genau, es gibt doch andere Kühlstoffe, die auch dieses Kältegefühl auslösen, die aber nicht nach Menthol schmecken.
00:21:18: Römermann: Viele Duftstoffe, beispielsweise in Parfums, haben ja eine Nebenwirkung, sie können Allergien hervorrufen. Ist das tatsächlich auch ein Effekt, der bei den Aromastoffen von E-Zigaretten vorkommen kann?
00:21:30: Pieper: Genau, es ist noch nicht so gut untersucht, weil wie ich ja auch anfangs sagte, es gibt wenig Methoden, um diese Aromen zu testen, wie die auf Lungzellen wirken. Aber die Aromastoffe, wie sie in Kosmetika, Reinigungsmittel oder Raumdüftel verwendet werden... das können ja zum einen natürliche Aromen sein, aber auch synthetische Aromen... da sind einige bekannt dafür, Reizungen, Entzündungen oder Allergien hervorzurufen und die gleichen Substanzen werden auch im Liquid von E-Sigaretten eingesetzt.
00:21:55: Römermann: Also ich fasse es nochmal kurz zusammen. In den Liquids, da steckt Nikotin drin, das macht stark süchtig und kann die Entwicklung des Gehirns von Kindern und Jugendlichen stark beeinträchtigen. Es schickt ein Verdampfungsmittel drin, da können beim Erhitzen unter Umständen krebserregende Stoffe entstehen. Und dann noch die Aromastoffe, die vielleicht Allergien auslösen können und vielleicht auch noch andere Wirkung haben, von denen wir vielleicht noch gar nichts wissen, weil da stecken so viele unterschiedlich drin. 20 bis 50 verschiedene Stoffe, alleine bei den Aromastoffen.
00:22:31: Schäche: Ein paar Dinge haben wir bisher noch überhaupt nicht angesprochen. Und zwar, wir hatten ja erwähnt, dass E-Zigaretten erst vergleichsweise kurz auf dem Markt sind. Was wissen wir denn über die Langzeitforschung? Es ist ja bestimmt schwierig, da große Populationsstudien durchzuführen. Also wie werden E-Zigaretten erforscht?
00:23:01: Pieper: Ja, also da gibt es schon große Befragungen der Bevölkerung, auch besonders in den USA. Man sieht dort, dass Herz-Kreislauferkrankungen zugenommen haben bei den E-Zigaretten-Konsumenten und es gibt immer wieder auch Fälle von schweren Lungenentzündungen, auch in Deutschland. Oft ist aber natürlich eine eindeutige Ursache schwierig. Weil E-Zigaretten-Konsumenten sind umgestiegen von der Zigarette auf die E-Zigarette. Zurzeit beobachten wir auch ganz häufig, dass E-Zigaretten-Konsumenten parallel Tabak-Zigaretten benutzen oder andere Nikotinprodukte. Also daher ist es auch schwierig zu sagen, was ist die Ursache. Aber es deutet alles darauf hin, dass eben Herz-Kreislauferkrankungen zunehmen und die Lungenentzündung, die schwere Lungenentzündung, die kann man auch eindeutig auf E-Zigaretten zurückführen.
00:23:44: Römermann: E-Zigaretten werden ja gerne verteidigt, sage ich jetzt mal, mit dem Schlagwort "Harm Reduction" oder auf Deutsch "die Schaden-Reduktion" bei Rauchern. Sie haben es gerade schon gesagt, viele E-Zigaretten-Raucher haben vorher geraucht. Da ist also der Gedanke, wer bisher geraucht hat, der kann mit dem Umstieg auf die klassische E-Zigarette seiner Gesundheit was Gutes tun. Ist da was dran?
00:24:08: Pieper: Also man kann sagen, dass im Dampf von E-Zigaretten weniger gesundheitsschädliche Substanzen enthalten sind wie im Rauch von Tabak-Zigaretten.
00:24:16: Römermann: Da geisterte mal diese Zahl von 95 Prozent weniger Schadstoffe durch die Lande. Passt das? Ist das tatsächlich so ungefähr die Größenordnung?
00:24:23: Pieper: Ja, das war so eine erste Schätzung aus 2014. Aber ich muss sagen, das ist eher ein Mythos, der sich leider sehr hartnäckig und lange hält. Und aus heutiger Sicht kann man sagen: So ein Vergleich ist nicht möglich. Die E-Zigaretten haben sich auch einfach weiterentwickelt. Das Konsumverhalten hat sich verändert. Also so eine Zahl würde ich heute ja nicht verwenden. Wenn man krebserregende Substanzen zu sich nimmt, kann das eben dazu führen, dass Krebs entsteht. Und dort ist nicht unbedingt immer die Menge Ausschlag gebend. Wenn man die Produkte eben über eine lange Zeit konsumiert, nimmt man auch eine ganze Menge von diesen krebserregende Substanzen zu sich.
00:24:57: Römermann: Trotzdem wurden E-Zigaretten - und werden auch teilweise noch - von Medizinern und von medizinischen Gesellschaften befürwortet als eine Hilfe zur Entwöhnung von Rauchern. Gibt es da wissenschaftliche Studien dazu? Gibt es da wirklich Evidenz dass das ein Mittel zum Raucherentwöhnen ist?
00:25:15: Pieper: Also es gibt eine ganze Menge Raucher, die es geschafft haben, dem Rauchen aufzuhören und sind auf die E-Zigarette umgestiegen. Wichtig ist aber auch hier, dass das Ziel ist, auch von der E-Zigarette wegzukommen, also vom Nikotin wegzukommen.
00:25:25: Römermann: Also Moment, die Möglichkeit ist, ich höre oft mit dem Rauchen von Tabakzigaretten, bin aber dann, ich sag mal, mein Leben lang E-Zigaretten süchtig?
00:25:33: Pieper: Genau, also ganz wichtig ist, wenn man das macht, dass man auch komplett auf die E-Zigarette umsteigt und wirklich das Ziel hat, davon wegzukommen. Damit man eben nicht mehr diese schädlichen Substanzen inhaliert. Wenn man sich Hilfe sucht, einen Arzt kontaktiert, wird er einem erstmal evidenzbasierte Methoden vorschlagen. Nikotin-Ersatz-Therapie, was man ja kennt, das Nikotin-Pflaster oder Nikotin-Spray. Wenn das nicht hilft, gibt es auch Verhaltenstherapie, in Kombination auch mit Medikamenten. Aber Ärzte empfehlen dann auch die E-Zigarette, wenn all diese anderen Methoden nichtfunktioniert haben.
00:26:07: Römermann: Man muss aber sagen, das Nikotin-Pflaster, dieses Spray und so weiter, das sind alles Medizinprodukte, die sind zugelassen. Da wurde auch die Wirksamkeit wirklich richtig erforscht. Die E-Zigarette ist kein Medizinprodukt, oder?
00:26:17: Pieper: Nein, die E-Zigarette ist kein Medizinprodukt. Also hier liegen diese Studien nicht vor, die eben für Medizinprodukte vorliegen müssen. Der Unterschied jetzt auch zur E-Zigarette ist, dass man ja weiterhin diesen Nikotinkick hat. Also weiterhin diese schnelle Anflutung vom Nikotin in Gehirn, also diese Belohnung. Die hat man jetzt bei den Nikotin-Ersatzprodukten nicht. Die sind einfach nur dazu da, dass man eben weniger von diesen Entzugserscheinungen hat. Also so ein Zittern und so ein starkes Verlangen, das wird dort eben unterdrückt.
00:26:45: Schäche: Sie hatten es ja auch gerade schon mal erwähnt, es gibt wohl eine extrem hohe Rate von Nutzern, die E-Zigaretten benutzen und gleichzeitig auch noch normale Zigaretten rauchen. Also Stichwort „Dual Use“. Was bedeutet das jetzt für die Gesundheit? Ergeben sich da neue Risiken?
00:27:01: Pieper: Also es gibt erste Studien, die zeigen, dass der Dual Use tatsächlich gefährlicher ist, als wenn man nur eins von diesen Produkten benutzt. Krebserkrankungen sind angestiegen tatsächlich. Oft betreiben diese Konsumenten Dual Use, um Rauchverbote zu umgehen. Also die dürften an bestimmten Orten keine Tabakzigarette rauchen, nehmen jetzt aber die E-Zigarette und dadurch konsumieren sie im Durchschnitt eigentlich viel mehr als davor.
00:27:25: Schäche: Also es wird damit nicht einfacher, mit dem Rauchen aufzuhören?
00:27:27: Pieper: Nein, das ist nicht für jeden die Methode, um mit dem Rauchen aufzuhören.
00:27:31: Schäche: Was würden Sie denn Menschen raten, die wirklich mit dem Rauchen aufhören wollen und die auch von der E-Zigarette wegkommen wollen? Was können die tun? Wo gibt es da Hilfe?
00:27:41: Pieper: Es gibt das "rauchfrei"-Telefon von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Dort gibt es Berater, die rufen einen auch zurück und die unterstützen einen in dem Prozess und geben hilfreiche Tipps, die informieren zum Beispiel über Nikotinersatzprodukte, aber auch über Verhaltenstherapien und Medikamente zur Entwöhnung und die begleiten einen.
00:28:01: Römermann: Die Nummer werden wir in die Show Notes schreiben. Die können Sie also in den Begleittexten hier zum Podcast finden.
00:28:07: Schäche: Trotzdem gibt es sicherlich auch viele Menschen, die nicht aufhören können mit den E-Zigaretten oder vielleicht auch nicht aufhören wollen. Was können die tun, um ihr persönliches Risiko zumindest etwas zu reduzieren?
00:28:19: Pieper: Also ich würde empfehlen, darauf zu achten, dass man hochqualitative Produkte kauft, dass man die Temperatur-Regelung und die Leistung nicht auf Maximum stellt. Ich rate auch davon ab, selber zu mischen. Also bitte benutzen Sie Liquid aus dem Fachhandel.
00:28:35: Schäche: Kann da denn viel schiefgehen, wenn man das selbst mischt?
00:28:39: Pieper: Ja, da kann eine ganze Menge schiefgehen, denn nicht jede Substanz ist dafür gedacht, eingeatmet zu werden. Zum Beispiel Lampenöle verströmen ja auch ein Aroma. Also das sollte man auf gar keinen Fall in eine E-Zigarette tun. Also bitte wirklich die Produkte vom Fachhandel kaufen.
00:29:03: Schäche: Und Kombinationen mit anderen Nikotinprodukten sollte man besser lassen?
00:29:07: Pieper: Genau. Zurzeit werden auch wieder Nikotinvergiftungen berichtet. Also Leute rufen an wegen Symptomen einer Nikotinvergiftung. In den letzten Jahren, gab es das kaum. Aber weil zurzeit Konsumenten mehrere Produkte parallel verwenden, kommt es wieder zu diesem typischen Nikotin-Vergiftungssymptom. Also da sollte man auf jeden Fall die Hände davon weglassen, nicht verschiedene Produkte kombinieren.
00:29:31: Schäche: Und man muss ja auch aufpassen, dass diese Liquid und die E-Zigaretten dann nicht in Kinderhände geraten.
00:29:37: Pieper: Ja, also das ist auch ganz wichtig, dass Eltern darauf achten, die Produkte möglichst so aufzubewahren, dass eben Kinder da nicht rankommen. Weil für Kinder sind sie schon attraktiv, die riechen lecker, die blinken manchmal noch und das ist auch ganz wichtig, Kinder zu erklären, was sie benutzen sollen.
00:29:53: Römermann: Und das sind ja auch tatsächlich Vergiftungsfälle, die immer wieder auftreten, die werden ja auch immer wieder gemeldet.
00:29:59: Pieper: Ja, genau, also die Kinder finden halt die Produkte attraktiv, die ihre Eltern da verwenden oder manchmal steht auch so ein Liquid einfach rum und die möchten das gerne kosten. Und das sind dann schon Anrufe, die die Giftinformationszentrale erhält von besorgten Eltern. Und manchmal kommt es dort auch eben zu Übelkeit, was schon erste Symptome von einer Nikotinvergiftung sind.
00:30:27: Schäche: Damit geht unsere Folge zu den gesundheitlichen Risiken von E-Zigaretten auch schon langsam zu Ende. Frau Pieper, vielleicht können Sie ja nochmal ganz kurz zusammenfassen, wie stark E-Zigaretten die Gesundheit gefährden und warum sie insbesondere für Kinder und Jugendliche ein Problem darstellen.
00:30:43: Pieper: Ja, E-Zigaretten enthalten ein Chemikaliengemisch, was erhitzt wird. Und dort können gesundheitsschädliche Substanzen entstehen, die zum Teil auch krebserregend sind. Und das ist ganz wichtig, dass man das weiß, dass man hier nicht einfach nur Sauerstoff einatmet, sondern dass es tatsächlich gesundheitsschädlich sein kann. Und Nikotin wirkt sich auch negativ auf die Gehirnentwicklung bei Kindern und Jugendlichen aus. Und deswegen sollten diese Produkte nicht an unter 18-Jährige verkauft werden und auch von denen nicht verwendet werden.
00:31:13: Römermann: Ja, und das war unsere Risiko-Folge für heute. Bei uns im Podcast-Studio war Frau Dr. Elke Pieper aus der Abteilung für Chemikalien und Produktsicherheit hier bei uns beim BfR. Liebe Frau Pieper, schön, dass Sie dabei waren.
00:31:27: Pieper: Ja, vielen Dank, dass Sie mich eingeladen haben.
00:31:29: Schäche: Ja, und wenn Ihnen der Podcast gefallen hat, dann hier nochmal der Hinweis, abonnieren Sie am besten gleich unseren Kanal. Risiko gibt es so ziemlich überall, wo es Podcasts gibt. Wenn Sie mögen, können Sie uns gerne eine E-Mail schreiben mit Lob, mit Kritik oder auch mit Anregungen für Podcast-Themen. Unsere E-Mail-Adresse lautet: podcast@bfr.bund.de
00:31:51: Römermann: Und das war es für heute hier am Mikrofon verabschieden sich Sonja Schäche und Stefan Römermann.
00:31:55: Schäche: Und wir sagen danke fürs Zuhören und Tschüss.